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Studie STKJ-PostCov

Betroffene von sexueller Traumatisierung in der Kindheit und Jugend (STKJ) können eine Vielzahl an körperlichen und psychischen Folgen haben: zu den häufigsten zählen Depression, Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Angststörungen. Frühe Gewalterfahrungen können jedoch auch in Zusammenhang mit körperlichen Beschwerden wie Asthma, Diabetes und/oder Autoimmunerkrankungen stehen, worüber bislang weniger bekannt ist.   In einer Pandemiezeit, wie wir sie aktuell weiterhin erleben, ist es daher umso wichtiger das Bewusstsein darüber zu stärken, um sowohl ein besseres Therapiekonzept für Betroffene anbieten zu können als auch die Präventionsmaßnahmen für körperliche Erkrankungen auf die gesellschaftliche Ebene auszuweiten.

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Hintergrund

Die Corona-Pandemie hat uns bisher mehr als zwei Jahre beschäftigt und in einen Ausnahmezustand versetzt. Die Folgen sind vielfältig: politisch, wirtschaftlich, sozial und gesundheitlich. Für manche ist die Corona-Infektion nicht innerhalb von ein paar Tagen wieder abgeheilt: Bei Long-COVID bzw. dem Post-COVID-Syndrom leiden viele Erkrankte auch noch Wochen bis Monate nach der Erstinfektion an verschiedenen Symptomen wie chronischer Müdigkeit, Husten, Schwindel, etc. Die Ursache des verlängerten Verlaufs ist bisher nicht abschließend geklärt. Bisherige Studien haben hinsichtlich soziodemografischer Variablen das weibliche Geschlecht3 und ein jüngeres bis mittleres Alter2 als Risikofaktoren für das Post-COVID-Syndrom identifiziert. Somatische Risikofaktoren scheinen chronische Begleiterkrankungen wie Diabetes, Asthma, Bluthochdruck und Übergewicht zu sein, während Depression, Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Angststörungen psychopathologische Risikofaktoren2,3 darstellen.

Sexuelle Missbrauchserfahrungen in der Kindheit und Jugend können einen langfristigen Effekt auf Körper und Psyche der Betroffenen haben. Diese sind seit langem Gegenstand wissenschaftlicher Forschung, dennoch sind das genaue Ausmaß und die Mechanismen dahinter nicht abschließend geklärt. Studien deuten darauf hin, dass die zugrundeliegende Ursache eine Dysregulation der Stresshormonachse, der sogenannten Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HHN-Achse)1, ist. Eine erhöhte Infektanfälligkeit kann die Folge sein.

Ein Zusammenhang mit sexuellem Kindesmissbrauch in der Vorgeschichte drängt sich auf, da die unter Post-COVID gefassten Symptome sowie die Risikofaktoren einzeln betrachtet eine erhöhte Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) bei Betroffenen von sexueller Gewalterfahrung in der Kindheit zeigen als bei Nicht-Betroffenen ,4,5,6,7,8.

Unsere Studie soll dabei helfen herauszufinden, ob Betroffene von sexueller Traumatisierung in der Kindheit und Jugend (STKJ) häufiger und schwerer an Corona-Infektionen und dem Post-COVID-Syndrom erkranken als nicht-traumatisierte Personen.

Das Vorhaben

Wir möchten mithilfe einer anonymen Umfrage Menschen nach einer Sars-CoV-2-Infektion zu ihrem Corona-Infektionsverlauf sowie zu traumatischen Kindheits- und Jugenderfahrungen befragen. Die Fragebögen können online an jedem Gerät mit Internetzugang ausgefüllt werden. Der gesammelte anonyme Datensatz wird durch uns ausgewertet und in einer Fachzeitschrift publiziert.

Durchgeführt wird die Umfrage durch eine Studiengruppe am Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin an der Charité – Berlin. Über den Link gelangen Sie zu der gegenwärtig laufenden Umfrage.

*Definitionen

Traumatisierung - eine „seelische Verletzung“, welche durch physische sowie psychische Gewalt ausgelöst wird und nicht verarbeitet werden kann. 10

Sexuelle Gewalt - jede Form von verbalen, emotionalen und körperlichen Übergriffen, welche mit der Geschlechtlichkeit des Täters und/oder Opfers zusammenhängen.9 Sexuelle Gewalt kann, muss jedoch nicht zu einer Traumatisierung führen.

Sexuelle Traumatisierung - starke psychische Erschütterung durch sexuelle Gewalt. Im Unterschied zur sexuellen Gewalt, kann eine Traumatisierung auch ohne die Intention der Bedürfnisbefriedigung der Täter erfolgen.11

Sexueller Missbrauch - wird z.T. als Synonym zur sexuellen Gewalt verwendet, auch strafrechtlich relevant, beinhaltet jedoch den Aspekt des Machtmissbrauchs (Autoritätspersonen, Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, Ausnutzen hilfloser Situationen, etc.). Der Begriff wird dennoch zunehmend durch den Begriff der sexuellen Gewalt ersetzt, um die massive Gewalt in solchen Handlungen hervorzuheben und klar von einem „tolerierbaren Gebrauch“ zu unterscheiden.12

Quellen

1 Lo Iacono, L., Trentini, C., & Carola, V. (2021). Psychobiological Consequences of Childhood Sexual Abuse: Current Knowledge and Clinical Implications. Frontiers in Neuroscience, 15, 771511. https://doi.org/10.3389/fnins.2021.771511

2 Carod-Artal, F. J. (2021). Post-COVID-19 syndrome: epidemiology, diagnostic criteria and

pathogenic mechanisms involved. Revista de neurologia72(11), 384-396.

3 Yong, S. J. (2021). Long COVID or post-COVID-19 syndrome: putative pathophysiology, risk

factors, and treatments. Infectious diseases53(10), 737-754.

4 Wiss, D. A., & Brewerton, T. D. (2020). Adverse childhood experiences and adult obesity: a

systematic review of plausible mechanisms and meta-analysis of cross-sectional

studies. Physiology & Behavior223, 112964.

5 Usta, M. B., Akbaş, S., & Aydin, B. (2018). Behavioural problems associated with child sexualabuse

in adolescents: A retrospective study. Konuralp Medical Journal10(2), 188-193.

6 Leachman, J. R., Heier, K., Lei, F., Ahmed, N., Dalmasso, C., Duncan, M. S., & Loria, A. S. (2022).

Sex and race define the effects of adverse childhood experiences on self-reported BMI and

metabolic health biomarkers. Biology of sex Differences13(1), 1-13.

7  Cunningham, T. J., Ford, E. S., Croft, J. B., Merrick, M. T., Rolle, I. V., & Giles, W. H. (2014).

Sex-specific relationships between adverse childhood experiences and chronic obstructive

pulmonary disease in five states. International Journal of Chronic Obstructive Pulmonary

Disease, 9, 1033.

8 Heim, C., Nater, U. M., Maloney, E., Boneva, R., Jones, J. F., & Reeves, W. C. (2009). Childhood

trauma and risk for chronic fatigue syndrome: association with neuroendocrine

dysfunction. Archives of general psychiatry66(1), 72-80.

9 Hagemann-White C. Strategien gegen Gewalt im Geschlechterverhältnis. Bestandanalyse und

Perspektiven. Forschungsberichte des BIS. Paff enweiler; 1992

10 https://www.deutsche-traumastiftung.de/traumata/#:~:text=Als%20traumatisierend%20werden%20im%20Allgemeinen,schwere%20Verlust%2D%20und%20Vernachl%C3%A4ssigungserfahrungen%20bezeichnet.

11 Schweizer, K., Brinkmann, L., & Richter-Appelt, H. (2007). Zum Problem der männlichen

Geschlechtszuweisung bei XX-chromosomalen Personen mit Adrenogenitalem Syndrom

(AGS). Zeitschrift für Sexualforschung20(02), 145-161.

12 https://beauftragte-missbrauch.de/themen/definition/definition-von-kindesmissbrauch